Aufgrund von Sicherheitsbedenken erhöht die US-Regierung den Druck auf ByteDance, den chinesischen Mutterkonzern von TikTok. Sollte ByteDance nicht alle Anteile an TikTok verkaufen, droht ein Verbot der App in den USA. Bereits seit 2019 prüft das Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS) TikTok und untersucht, ob die App eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt. Der Konflikt zwischen TikTok und der US-Politik schwelt bereits seit Monaten, doch die Spannungen haben sich in den letzten Monaten verschärft. Die USA, Kanada und die EU haben in den letzten Tagen TikTok auf Dienstgeräten verboten. Doch was steckt hinter diesen Verboten? Und welche Auswirkungen hat das auf TikTok und seine Nutzer?
Was ist TikTok?
TikTok ist eine Social-Media-Plattform, die es den Nutzern ermöglicht, kurze Videos zu erstellen und zu teilen. Die App wurde im Jahr 2016 von dem chinesischen Unternehmen ByteDance entwickelt und ist seitdem zu einer der am schnellsten wachsenden Apps weltweit geworden. TikTok hat mehr als eine Milliarde Nutzer und ist vor allem bei jungen Menschen sehr beliebt.
Warum die US-Regierung auf einen Verkauf drängt
CFIUS-Prüfung seit 2019
Seit 2019 prüft das Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS) TikTok und untersucht, ob die App eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt. Das Gremium setzt sich aus Vertreter:innen von Finanz-, Justiz-, Verteidigungs- und Handelsministerium zusammen und kann ausländische Beteiligungen und Übernahmen von US-Unternehmen blockieren oder deren Geschäfte in den USA einschränken.
Trumps Drohungen und vergangene Untersuchungen
Was als Untersuchung der Übernahme von Musical.ly begann, weitete sich 2020 aus. Der damalige US-Präsident Trump drohte erstmals mit einem TikTok-Verbot. CFIUS sollte feststellen, ob TikTok eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt. Trump verlor die Wahl und das drohende Verbot geriet in Vergessenheit, TikTok wuchs weitgehend unbehelligt weiter. Doch vergangenes Jahr kam die alte Diskussion erneut auf.
Chinesischer Einfluss und Spionagevorwürfe
Zum einen zeigten Recherchen der Investigativreporterin Emily Baker-White, dass der chinesische Einfluss auf TikTok deutlich größer ist, als das Unternehmen öffentlich beteuert. Angestellte spionierten gezielt Nutzer:innen und Journalist:innen aus – darunter ausgerechnet Baker-White. Zum anderen griff Russland die Ukraine an, und Xi Jinping unterstützte Wladimir Putin. Das verschärfte die Spannung zwischen China und dem Westen.
Geopolitischer Konflikt
In Deutschland wuchs die Sorge über den chinesischen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft und Infrastruktur. Besonders stark litten die Beziehungen zwischen den USA und China. Der Abschuss des chinesischen Spionageballons und die gegenseitigen Beschuldigungen verdeutlichten, wie wenig sich die beiden Länder über den Weg trauen.
Verbote von TikTok in den USA, Kanada und EU
Die USA, Kanada und die EU haben in den letzten Tagen TikTok auf Dienstgeräten von Politikern und Beamten verboten. In den USA haben bereits Dutzende von Bundesstaaten die App auf mobilen Endgeräten verboten und auch an etlichen Universitäten wurde sie verbannt. Die kanadische Regierung verbot es am vergangenen Montag mit sofortiger Wirkung – auch hier sind nur Smartphones und Tablets von Regierungsangestellten betroffen. In der EU müssen EU-Angestellte TikTok bis zum 20. März deinstallieren. Mehrere deutsche EU-Abgeordnete haben die Bundesregierung aufgefordert, sich der Haltung der EU anzuschließen. Bislang gibt es jedoch kein universelles Verbot.
Wie TikTok reagiert und argumentiert
TikTok hat auf die Forderungen der USA reagiert und betont, dass ein Verbot oder eine Veräußerung des Unternehmens das Problem des Datenzugriffs oder -transfers nicht löse. Das Unternehmen hat zudem angeboten, mit den Anschuldigungen zu sprechen und seine Sicherheitsmaßnahmen zu erläutern.
TikTok verweist dabei auf Project Texas und Project Clover, die sicherstellen sollen, dass die chinesische Regierung nicht auf TikTok-Daten zugreifen kann. In den USA werden die Daten ausschließlich auf Servern von Oracle gespeichert, das Unternehmen prüft den Quellcode der TikTok-App und kann die Schnittstellen einsehen, über die TikTok-Angestellte außerhalb der USA auf Daten zugreifen können.
Haltung zum Thema TikTok
Es bleibt abzuwarten, wie der Konflikt zwischen TikTok und der Politik weitergeht. Fest steht, dass die Sorge vor chinesischem Einfluss und Datenzugriff bei den Entscheidungen der US-Regierung eine entscheidende Rolle spielt. TikTok versucht, mit Initiativen wie Project Texas und Clover sowie Jugendschutzfunktionen und einem neuen STEM-Feed für mehr Vertrauen und Sicherheit zu sorgen. Ob das ausreicht, um ein Verbot oder einen Verkauf abzuwenden, bleibt abzuwarten.
TikToks Argumente für die Unbedenklichkeit der App und die Sicherheit der Datenzentren können von Politikerïnnen in den USA und Europa offenbar nicht vollständig nachvollzogen werden. Die Tatsache, dass ByteDance in China ansässig ist und die chinesische Regierung einen Anteil an dem chinesischen Ableger hält, dürfte für viele Politikerïnnen ein rotes Tuch sein.
In jedem Fall zeigt der Fall TikTok, wie wichtig es ist, dass Unternehmen und Regierungen sich über den Umgang mit Daten und den Schutz der Privatsphäre verständigen und gemeinsame Standards entwickeln. Nur so kann das Vertrauen der Nutzerïnnen in die Technologie und die Unternehmen, die sie bereitstellen, gestärkt werden.
FAQs zu TikTok
Ist TikTok in Deutschland verboten?
Nein, TikTok ist in Deutschland nicht verboten. Die Social-Media-App ist hierzulande sehr beliebt, insbesondere bei jungen Menschen. Allerdings gab es auch in Deutschland bereits Diskussionen über den Datenschutz und die Sicherheit der App. Im Oktober 2020 hatte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) TikTok zur Deinstallation von Diensthandys von Bundesbehörden aufgerufen. Dabei ging es vor allem um die Verwendung der App auf dienstlichen Smartphones und Tablets, auf denen vertrauliche Informationen gespeichert sind.
Zudem hat TikTok in Deutschland im Januar 2021 eine Vereinbarung mit dem Bundesfamilienministerium getroffen, um die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen auf der Plattform zu verbessern. TikTok hat sich verpflichtet, strengere Regeln für den Schutz von Minderjährigen vorzuschreiben, unter anderem die Einführung von Altersbeschränkungen für bestimmte Inhalte und die Begrenzung der Bildschirmzeit für Kinder unter 13 Jahren.
Insgesamt ist TikTok in Deutschland also nicht verboten, es gibt jedoch Diskussionen und Maßnahmen, um den Datenschutz und die Sicherheit auf der Plattform zu verbessern.
Kann ich TikTok noch nutzen, wenn ich in der Regierung arbeite?
Das hängt vom Land ab, in dem du arbeitest. Regierungsangestellte in den USA dürfen TikTok nur noch 30 Tage lang auf Dienstgeräten nutzen, danach müssen sie es löschen. In Kanada ist TikTok auf Dienstgeräten von Regierungsangestellten bereits verboten, in der EU müssen EU-Mitarbeiter TikTok bis zum 20. März 2023 von ihren Dienstgeräten löschen.
Deutschland hat derzeit keine offiziellen Verbote oder Beschränkungen für die Nutzung von TikTok durch Regierungsangestellte vorgesehen. Allerdings müssen sich die Mitarbeiter an die allgemeinen Regeln und Vorschriften des Arbeitgebers halten, die möglicherweise die Nutzung von Social-Media-Plattformen einschränken.
Ist TikTok wirklich ein Sicherheitsrisiko?
Es gibt keine öffentlich zugänglichen Beweise dafür, dass TikTok von der chinesischen Regierung zur Spionage eingesetzt wird. Die Befürchtungen beruhen auf Vermutungen und Annahmen, die von Politikern und Experten geäußert wurden.
Was dafür sprechen könnte:
- Datenschutz: TikTok sammelt und speichert eine große Menge an Daten von Nutzern, einschließlich Standortdaten, Suchanfragen, Interessen, demografischen Informationen und mehr. Es gibt Bedenken darüber, wie diese Daten verwendet und weitergegeben werden könnten, insbesondere an die chinesische Regierung.
- Zensur: TikTok hat bereits in der Vergangenheit Kritik dafür bekommen, dass es bestimmte politische Inhalte und Meinungen zensiert hat, insbesondere solche, die die chinesische Regierung kritisieren.
- Einfluss der chinesischen Regierung: Da TikTok einem chinesischen Unternehmen gehört, besteht die Möglichkeit, dass die chinesische Regierung Einfluss auf die App und ihre Betreiber ausüben könnte. Es gibt auch Bedenken darüber, dass TikTok Daten an die chinesische Regierung weitergeben könnte.
Allerdings gibt es auch einige Argumente, die gegen diese Bedenken sprechen:
- Datenverarbeitung: TikTok betont immer wieder, dass es die Daten von Nutzern außerhalb Chinas auf Servern außerhalb Chinas speichert und verarbeitet. Es gibt auch Berichte, dass TikTok seinen Quellcode öffentlich gemacht hat, um seine Datensicherheitspraktiken zu demonstrieren.
- Unabhängigkeit: TikTok betont, dass es unabhängig von der chinesischen Regierung ist und keine politischen Vorgaben erhält. Zudem seien mehr als die Hälfte des Konzerns in der Hand internationaler Investorinnen und Fonds, im Vorstand säßen auch Amerikaner.
- Regulierung: TikTok unterliegt den Datenschutz- und Sicherheitsgesetzen der Länder, in denen es tätig ist. In Deutschland hat TikTok zudem eine Kooperationsvereinbarung mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) geschlossen, um den Jugendschutz zu gewährleisten.
Ob TikTok ein Sicherheitsrisiko darstellt oder nicht, ist umstritten. Es gibt einige legitime Bedenken, die jedoch auch durch Maßnahmen wie Datensicherheitspraktiken und Regulierung gemindert werden können. TikTok betont, dass es sich um ein unabhängiges Unternehmen handelt, das sich an die Gesetze und Regulierungen hält. Es bleibt abzuwarten, wie die Diskussion um TikTok und seine Sicherheit in Zukunft weitergehen wird.
Wird TikTok in den USA verboten?
Das ist noch unklar. Die Republikaner haben einen Gesetzentwurf eingereicht, der TikTok komplett aus den USA verbannen soll. Allerdings müssen noch das Repräsentantenhaus und der Senat zustimmen, bevor das Gesetz in Kraft treten kann. Die Demokraten sind gegen ein komplettes Verbot und setzen auf Verhandlungen zwischen TikTok und dem Ausschuss für ausländische Investitionen in den Vereinigten Staaten.
Kann TikTok etwas gegen die Verbote auf Dienstgeräten tun?
TikTok hat Bedauern und Enttäuschung über die Verbote auf Dienstgeräten geäußert, aber bislang keine konkreten Schritte unternommen, um sie zu verhindern. Das Unternehmen hat jedoch in den vergangenen Monaten mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit und den Datenschutz zu verbessern und seine Zusammenarbeit mit Forschenden und Journalistïnnen zu fördern.
Sollte ich TikTok weiterhin nutzen?
Das ist eine persönliche Entscheidung. Wenn du Bedenken wegen des Datenschutzes hast oder ein Regierungsangestellter bist, solltest du TikTok vielleicht besser nicht nutzen. Allerdings ist TikTok auch eine Plattform für kreative Inhalte und unterhaltsame Videos, die viele Menschen gerne nutzen. Letztendlich musst du selbst entscheiden, ob du das Risiko eingehen möchtest oder nicht.
TikTok ist zweifellos eine der beliebtesten Apps weltweit. Mit einer solch großen Reichweite und einer jungen, engagierten Zielgruppe ist es jedoch kein Wunder, dass westliche Regierungen aufmerksam auf die Plattform geworden sind. Insbesondere in den USA, Kanada und der EU gibt es zunehmend Bedenken, dass Nutzerdaten nach China abfließen könnten.
Zusammenfassung
Obwohl es bislang keine öffentlich zugänglichen Beweise dafür gibt, dass TikTok tatsächlich von der chinesischen Regierung zur Spionage genutzt wird, haben die USA, Kanada und die EU bereits Verbote erlassen. Mitarbeitenden und Angestellten in Regierung und Bundesbehörden ist es verboten, TikTok auf ihren Dienstgeräten zu nutzen. In den USA wird sogar eine Gesetzesinitiative diskutiert, die TikTok komplett aus den USA verbannen würde.
Aber wie steht es in Deutschland um TikTok? Bislang gibt es kein universelles Verbot auf Dienstgeräten, aber die meisten Ministerien lassen sich TikTok ohnehin nicht nutzen. Auch das Bundesgesundheitsministerium hat einen eigenen TikTok-Kanal, der jedoch von einer externen Agentur betreut wird, da TikTok nicht für Dienstgeräte freigegeben ist. Insgesamt ist die Situation in Deutschland also noch vergleichsweise entspannt.
TikTok selbst versucht derweil, mit positiveren Meldungen auf sich aufmerksam zu machen. Neue Jugendschutzfunktionen sollen die Bildschirmzeit für Minderjährige begrenzen und Eltern mehr Kontrolle geben. Das soll dem Vorwurf entgegenwirken, die App mache süchtig und schade der mentalen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Obwohl es umstritten ist, ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen Social-Media-Nutzung und psychischen Erkrankungen gibt, sind diese Maßnahmen grundsätzlich sinnvoll.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation um TikTok weiterentwickelt. In den USA dürfte der Druck auf die App zunehmen, insbesondere da die Republikaner immer wieder Gesetzesinitiativen einbringen, die ein Verbot oder einen Verkauf an ein US-Unternehmen fordern. Es bleibt zu hoffen, dass TikTok in der Lage ist, seine Sicherheitsbedenken auszuräumen und damit das Vertrauen der westlichen Regierungen zurückzugewinnen.
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Daniela Vey
Seit 2004 als leidenschaftliche Informationsdesignerin selbständig. Neben meiner Tätigkeit als Dozentin für verschiedene Hochschulen und Akademien, vermittle ich mit Begeisterung mein Expertenwissen in den Bereichen Social Media, Design und User Experience. Auf der AllSocial-Konferenz trifft man mich als Moderatorin und Speakerin.
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