Social Media Verantwortliche haben es nicht leicht: Corona-Verordnungen, Impftermine und Verschwörungstheorien sind in der aktuellen Lage hochemotionale Themen. Aber auch im Alltag gibt es immer wieder Dinge, für die man als Verwaltung schnell in der Kritik steht. Wie geht man am besten mit so einer Situation um?

Ruhe bewahren

Das Wichtigste zuerst: Selbst, wenn in den negativen Kommentaren jemand aus der Verwaltung persönlich genannt oder angegriffen wird, hat das zunächst nichts mit Ihnen als Person oder als Institution zu tun. Die schreibende Person trifft damit in erster Linie eine Aussage über sich selbst.

Wer viele Ängste in Hinblick auf eine Corona-Erkrankung hat, wird beim Warten auf einen Impftermin schneller ungeduldig und aus der Angst heraus auch unfair. Wer direkt vom Baustellenlärm oder Stau durch Umleitungen betroffen ist, steht mehr unter Stress und sucht dafür ein Ventil.

Versuchen Sie deshalb zunächst besonders freundlich und verständnisvoll darauf zu reagieren und das Problem hinter dem Schimpfen zu erkennen und zu benennen. Oft geht es auch darum, gehört und verstanden zu werden. Erklären Sie ruhig den entsprechenden Sachverhalt oder entschuldigen Sie sich, falls es notwendig sein sollte.

Antworten oder Schweigen?

Machen Sie sich bewusst, dass in den meisten sozialen Netzwerken das 90-9-1-Prinzip gilt, d.h. 1% der Community produziert Inhalte, 9% kommentieren und teilen und 90% schauen lediglich zu und lesen still mit. Wenn Sie antworten, dann tun Sie das nicht nur für die Kommentierenden, sondern vor allem auch für den großen Anteil an stillen Mitlesern. Stellen Sie Fakten richtig, antworten Sie freundlich, aber bestimmt auf Beschwerden und zeigen Sie, dass Sie bereit sind aus Fehlern zu lernen.

Das Reaktionsschema (angelehnt an Vivian Pein aus „Der Social Media Manager“) ist ansonsten immer eine gute Grundlage, um zu entscheiden, wann und wie man antwortet.

Auf die Sachebene holen

Wenn jemand sehr emotional wird und nicht klar ist, worum es genau geht, ist es immer sinnvoll zu versuchen, denjenigen auf die Sachebene zu holen. Schreibt jemand beispielweise „Man sollte Herrn X auf unterlassene Hilfestellung verklagen!“ fragen Sie nach, was genau passiert ist, damit Sie den Vorfall nachvollziehen können.

So können Sie erfahren, ob es für den emotionale Ausbruch eine berechtigte Grundlage gibt, der Sie nachgehen sollten. Sollte darauf eine Antwort kommen, wiederholen Sie die Geschichte in eigenen Worten, um sicherzugehen, dass Sie alles richtig verstanden haben. Haben Sie den Kernpunkt, um dem es der Person ging, richtig erfasst? Versuchen Sie – soweit möglich – darauf einzugehen und den Vorgang zu erklären.

Proaktiv zum Gespräch einladen

Wie in der regulären Öffentlichkeitsarbeit kennt man auch online die Personen, die sich besonders häufig zu Wort melden – positiv wie negativ. Gehen Sie bei ausgewählten Themen proaktiv auf genau diese Menschen zu und laden Sie sie zu einem persönlichen Gespräch, einer Videokonferenz oder einer gemeinsamen Diskussionsrunde rein. Viele Kritiker verstummen spontan oder werden plötzlich deutlich umgänglicher im Ton. Sprechen Sie die Einladung öffentlich aus und signalisieren Sie so auch den stillen Mitlesern eine selbstbewusste Position und offene Gesprächskultur.

Ein wunderbares Beispiel dafür, was eine offene Einladung verändern kann, ist der TED Talk von Özlem Cekic, die als erste Muslimin in das dänische Parlament einzog: „Warum ich einen Kaffee mit Menschen trinke, die mir Hass-Mails schreiben.“
https://www.ted.com/talks/ozlem_cekic_why_i_have_coffee_with_people_who_send_me_hate_mail

Der Krisenplan

Selbstverständlich sollten Sie grundsätzlich einen Krisenplan mit allen möglichen Schritten in der Tasche haben. Eine feste Netiquette, auf die Sie bei Bedarf verweisen können, ist ebenfalls immer hilfreich. So haben nicht nur Sie, sondern auch alle Nutzer Klarheit darüber, was sich noch im Rahmen bewegt und unter welchen Umständen Sie andere Schritte einleiten.

Grundsätzlich gilt: Das Netz ist kein rechtsfreier Raum. Wenn Sie oder jemand aus der Verwaltung bedroht oder diffamiert wird, haben Sie jederzeit die Möglichkeit, das ganze durch Rechtsanwälte oder Polizeibehörden überprüfen zu lassen. Dokumentieren Sie dazu sämtliche Nachrichten bzw. den Diskussionsverlauf inkl. Zeitstempeln, das Profil der jeweiligen Täter.innen und die URL.